Dass Kühlen und Schmieren in der spanenden Fertigung in seiner Gesamtheit ein immenser Kostenfaktor ist, das ist mittlerweile hinlänglich bekannt. Hoher Energieaufwand, erhöhte Reinigungs- und Entsorgungskosten. Um nur einige Gründe zu nennen. Studien in diesem Zusammenhang über Minimalmengenschmierung gibt es ausreichend. Verbesserte Energieeffizienz, weniger Emissionen, verbesserte Produktivität durch höhere Werkzeugstandzeiten oder höhere Vorschubgeschwindigkeiten. Die Liste ist lang. Und trotzdem, der Anteil an MMS ist vergleichsweise gering.
Seit über 65 Jahren setzt sich die HPM Technologie GmbH, vor 2005 noch unter Pfeiffer Technologie bekannt, mit dem Thema MMS auseinander. Man kann also durchaus von ‚Pionieren’ der Minimalmengenschmierung sprechen. Im Entwicklungszentrum in Münsingen sind derzeit 15 Mitarbeiter beschäftigt. Die insgesamt 20 Mitarbeiter erwirtschaften einen jährlichen Umsatz von etwa 2 Mio. Euro im Jahr. Beachtlich ist dabei die hohe Quote der Re-Investition in Forschung und Entwicklung. 25 bis 28 Prozent fließen dafür zurück, was den Schwaben 2009 die Auszeichnung einbrachte, zu den Top 100 der innovativsten Unternehmen im Land zu gehören.
Ganzheitliche Betrachtung zeigt Produktivitätsvorteile
Einen möglichen Grund, warum viele MMS-Projekte nicht zum Erfolg führen, nennt Hanster Münzing, Geschäftsführer bei HPM: „Was mich oft wundert ist, dass viele Projekte scheitern, weil nicht die ganze Prozesskette begutachtet wird. Genau das tun wir aber.” Erst in der ganzheitlichen Betrachtung kommen also die tatsächlichen Produktivitätsvorteile von MMS zum Tragen.
Ein weiteres umstrittenes Thema sind auftretende Vernebelungen. Steffen Hoffmann, Mitglied der Geschäftsleitung, räumt ein: „Ja, mit Vernebelungen haben wir zu kämpfen. Bei uns sieht man den Nebel. Und das wird dann schnell mit dem Attribut ‚giftig’ in Zusammenhang gebracht.” Das sei aber nur die halbe Wahrheit. Bei der Vollstromkühlung nehme man die Vernebelung nur nicht wahr. Bernd Heimerdinger, Anwendungstechniker bei HPM erklärt: „Das Hauptproblem ist doch die Spindelrotation. Bei den Drehzahlen, die wir heute haben, wird das Öl durch die Spindelrotation so fein zerrissen, dass wir mit dem Sprühen doch heute eigentlich kein Problem mehr haben. Natürlich bilden wir feine Tropfen, aber eben nicht in diesen Mengen.”
Geringere Arbeitsplatzbelastung
Mit den geringen Mengen an Aerosolen die bei MMS eingesetzt würden, könnte man diese Mengen gar nicht erreichen. Für die Exrten von HPM liegt also mit der Vollstromkühlung keine gesundheitsschonendere Variante vor. Im Gegenteil - die Arbeitsplatzbelastung sei mit MMS eher geringer. Und dies einmal völlig abgesehen von den auftretenden Hautkrankheiten im Zusammenhang mit dem Kühlschmierstoff. Immerhin, so zeige eine Studie der Berufsgenossenschaft aus dem Jahr 2008, sind über 30 Prozent der berufsbedingten Hautkrankheiten auf den Kontakt mit Kühlschmierstoffen zurückzuführen. Hanster Münzing positioniert sich hier klar: „Wir raten allen, nicht nur bei MMS, sondern auch dort wo KSS eingesetzt wird, die Maschinen mit Absaugungen auszurüsten.”
Dazu hat das Unternehmen mehrere Systeme zur Außenschmierung im Portfolio. Mit seiner TC/MDJ-Baureihe verspricht HPM geringsten Nachrüstaufwand. Auch auf spezielle Werkzeuge könne verzichtet werden. Bestehend aus einem PE-Vorratsbehälter oder Druckbehälter, einer Ventilbaugruppe und einem Sprühkopf, lässt sich die Baureihe schnell in ein bestehendes System implementieren. Je nach Anforderung können verschiedenste Sprühkopf-Baureihen gewählt werden. Das Geheimnis liegt im Sprühkopf. Hier wurde das ganze Know-how von HPM eingebracht. Ausgelegt auf Flüssigkeiten mit einer Viskosität von über 100 mm²/sec bei 20°C, soll, bei geringsten Verbrauchsmengen, ein gleichmäßiger, feinfilmiger Auftrag des Mediums bei teilweise absolut rückstandsfreier Abtrocknung erzielt werden.
Hochwirksamer Schmierfilm
Bei der Innenschmierung setzt HPM auf sein Breeze-Verfahren. Als konsequente Weiterentwicklung der bisherigen KSS- und MMS-Systeme betrachten die MMS-Experten dieses System. Die Flüssigkeiten sollen im Produktionsprozess kontrolliert, in passender Menge, zur passenden Zeit, an den vorbestimmten Ort, prozesssicher aufgetragen werden. Hauch feiner Aerosolnebel legt sich nach Herstellerangaben dabei auf die Bearbeitungsstelle und erzeugt dabei einen absolut geschlossenen und hoch wirksamen Schmierfilm. Werkstücke können so nahezu trocken bearbeitet werden. Der Verbrauch liegt bei wenigen Millilitern pro Stunde. Die Werkstücke trocknen fast rückstandsfrei ab. Filtrieren von Kühlmedien und aufwendige Entsorgung würden so natürlich entfallen. Auch bei Werkzeugdurchmessern < 3 mm und Kühlkanaldurchmessern, je nach Werkzeug, teilweise < 0,05 mm, ist HPM Breeze einsetzbar. Damit lassen sich feinste Tropfen unter 1 µm erreichen. Konzipiert ist das System laut HPM bei Bearbeitungs- und Drehzentren mit schnellem Werkzeugwechsel. Die Technologie kann zu mehr Qualität, besseren Standzeiten, höheren Vorschüben und zu besserem Umweltschutz führen.
Für optimale Ergebnisse ist natürlich ein Zusammenwirken aller Komponenten erforderlich. Dazu gehört auch das passende Schmiermedium. Rainer Thumm erklärt: „Mit einem normalen Metallbearbeitungsöl gibt es natürlich Schwierigkeiten, denn diese kann man nicht so fein zerstäuben.” Es liegt auf der Hand, dass HPM für optimale Ergebnisse eigene Fluid-Reihen anbietet, die optimal auf die eigenen MMS-Systeme abgestimmt sind.
Viele Vorteile also, die von den schwäbischen MMS-Experten ins Feld geführt werden. Angesichts dieser Argumente wird man bei HPM auch nicht müde, weiter für den vermehrten Einsatz der MMS-Technologie zu werben.
Viel Überzeugungsarbeit ist auch bei den Maschinenbedienern nötig. Hier würde das Vertrauen in MMS fehlen. „Wir stellen die Düsen hauchdünn ein. Kommen wir dann zurück, stellen wir fest, dass die Sprühmenge erhöht wurde. Oft glauben die Bediener einfach nicht, dass die von uns eingestellten Mengen ausreichen”, erklärt Rainer Thumm, Anwendungstechniker bei HPM.
Zu guter Letzt kommt noch hinzu, dass die Maschinen oft nicht auf MMS ausgelegt sind. Hier würden sich Kunden und Hersteller den Ball hin und her spielen. Wenn Kunden nach MMS-fahigen Maschinen fragen, wären die Hersteller zwar zur Lieferung solcher Maschinen bereit, allerdings würde die Verantwortung für das Funktionieren der MMS-Schmierung beim Kunden belassen. Bei einem auf Vollstromkühlung basierenden System weiß aber jeder, dass es funktioniert. Und getreu dem Grundsatz: „Never change a running system”, würde dann oft von einer Umstellung abgesehen.
Steffen Hofmann erklärt: „Die Auftragsbücher der Hersteller sind gut gefüllt und der Konstruktionsaufwand für MMS-fähige Maschinen ist nicht unerheblich, daher wird er eher gescheut.” So seien die Maschinen und Werkzeuge oft nicht auf MMS ausgelegt, auch wenn man nach Ansicht der Münsinger noch ein Vielfaches an Produktionssteigerungen und Energieeffizienz herausholen könne. Allein schon durch geeignete Werkzeuge. „Es dauert wahrscheinlich noch zehn Jahre, bis MMS-taugliche Maschinen gebaut werden”, schätzt Hanspeter Münzing die Situation ein. Und Bernd Heimerdinger zeigt sich überzeugt, dass der Druck von außen noch nicht groß genug sei, um die Bereitschaft zu Veränderungen zu fördern. „Wir sind da so ein bisschen missionarisch unterwegs”, skizziert er die Rolle von HPM.
Nachrüsten kein Problem
Aber auch ohne eigens konzipierte Maschinen sieht Rainer Thumm HPM in der Lage, erfolgreiche Kühlsysteme zu implementieren. „Wir können sofort an der Maschine andocken. Bei allen Versuchen, die wir beim Kunden gemacht haben, waren die Ergebnisse gleich gut oder besser”, führt er weiter aus.